Staatliche Wohnungsbauoffensive

  • Adressaten des Antrags Oktober 2023: SPD-Unterbezirk München, SPD-Bundesparteitag, SPD-Bundestagsfraktion
  • Der Antrag wurde auf dem Münchner Parteirat am 18.11.2023 mit Änderungen/Ergänzungen angenommen.

Wir beantragen eine staatliche Wohnungsbauoffensive, ausgestattet mit 50 Milliarden Euro Kapital, zum Bau von sozial geförderten Wohnungen in ganz Deutschland, die dauerhaft in der sozialen Bindung verbleiben. Die zu errichtenden Wohnungen verbleiben in staatlichem Besitz und staatlicher Verantwortung. Ziel des staatlichen Wohnungsbaus ist es, den Bedarf an bezahlbaren Wohnungen in absehbarer Zeit zu decken und das Grundbedürfnis nach Wohnen dauerhaft für alle zu sichern.

Begründung:

Wohnen ist ein Grund- und Menschenrecht, aber gleichzeitig ist es für sehr viele Menschen zum individuellen Lebensrisiko geworden. Wie die Realität zeigt, wird der freie Markt das Recht auf Wohnen nicht einlösen. Der Staat befindet sich in direkter Verantwortung für ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu sorgen und muss diesen auch für Menschen mit niedrigem Einkommen bereitstellen. Als notwendiger Effekt einer staatlichen Bautätigkeit muss sich der Wohnungs- und Immobilienmarkt von einem Markt hin zu einem Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge für alle Bürger wandeln.

Ein Bündnis aus Mieterbund und Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchen-Verbänden hat Bund und Länder aufgefordert, für den sozialen Wohnungsmarkt bis 2025 50 Milliarden Euro aufzubringen.

Über alle Einkommensgrenzen bis weit in die Mittelschicht hinein, werden oft weit über 30 Prozent des verfügbaren Budgets für Wohnen verwendet. Die Wissenschaft geht davon aus, dass arme Haushalte und der Mittelstand ein Problem haben, wenn mehr als 30 Prozent für Wohnen ausgegeben werden. Die Zahl der prekären Wohnverhältnisse nimmt, ebenso wie die Armut, unaufhaltsam zu. Wohnraum ist zum Luxusgut verkommen.

Bis in die Siebzigerjahre hinein wurden riesige Bestände an sozialen Wohnungen geschaffen. Danach zog sich der Staat immer weiter aus der Verantwortung. Außerdem hat der soziale Wohnungsbau ein Ablaufdatum, denn in vielen Jahren fielen mehr Wohnungen aus der sozialen Bindung und waren nicht mehr geschützt, als neue Wohnungen gebaut wurden. In den neunziger Jahren gab es in Deutschland rund drei Millionen Sozialwohnungen, heute sind es noch 1,1 Millionen. Zwischen 2002 und 2019 wurden nicht einmal 430.000 Sozialwohnungen errichtet. Insgesamt fehlen in Deutschland derzeit etwa 700.000 Sozialwohnungen. Wir brauchen jetzt einen Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik, um unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.

Eine staatliche Wohnungsbauoffensive kann durch eine entsprechende Besteuerung und Steuerprüfung der Superreichen finanziert werden.

Über 60 Prozent aller Vermögen in Deutschland wurden durch Schenkung und Erbschaft erzielt, nicht durch die eigene Hände Arbeit. In Deutschland besitzen 2.900 Superreichen (Personen, die über ein Vermögen von mehr als 50 Millionen Euro verfügen) 21 Prozent des gesamten Finanzvermögens im Land. Insgesamt gibt es in Deutschland 9.700 Superreiche. Das Geldvermögen der privaten Haushalte hierzulande erhöhte sich in den ersten drei Monaten im Jahr 2023 um 146 Milliarden auf rund 7.393 Milliarden Euro (Quelle, Deutsche Bundesbank). Das Anlagevermögen in Deutschland beträgt über 20 Billionen (20 mit 12 Nullen) mit stark steigender Tendenz. Vererbt werden in Deutschland jährlich dreistellige Milliardenbeträge. Durch alle Arten von Steuervermeidung der Reichen und Superreichen ist deren gesellschaftlicher Beitrag grundlegend sozial ungerecht. Die Normalbürger zahlen 43 Prozent an Steuern und Sozialabgaben, der Millionär hingegen nur knapp 24 Prozent. Zudem müssen Einkommensmillionäre und -millionärinnen nur sehr selten eine Steuerprüfung fürchten. Die Quote der Finanzämter hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert. Von nur 870 geprüften Millionären mussten im Jahr 2022 nämlich 661 Millionäre Steuern nachzahlen.

Durch eine Steuerreform mit Wiedereinführung der Vermögenssteuer, einer entsprechenden Finanztransaktionssteuer, Anhebung des Spitzensteuersatzes bei gleichzeitiger Entlastung der unteren und mittleren Einkommen, sowie der Erhöhung der Erbschaftssteuer für große Erbschaften, kann die Finanzierung des staatlichen Wohnungsbaus dauerhaft gesichert werden. Eine entsprechende Steuerreform, die die Superreichen stärker in die Pflicht nimmt, liefert gleichzeitig einen notwendigen gesellschaftlichen Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Die Steuerprüfung der Reichen und Superreichen muss lückenlos sichergestellt sein.